Albrecht Zummach
Werke
Einige gehen sogar so weit zu unterstellen, dass der Inhalt dessen, was man Programm-Musik nennt, der beschriebene Gegenstand sei. Dieser Gegenstand ist lediglich der vorgegebene Anlass, den der Komponist bei Programm-Musik bekanntzugeben beschlossen hat. Der Inhalt ist stets nur Musik. … Ein Komponist weiß genauso wenig wie jeder andere, woher die Substanz in seinem Werk kommt. (Edgard Varèse)
Hier&Da
5 Formationen für 4 Alphörner
2019
Mit dem Alphorn wird allgemein die Vorstellung von fernen Klängen im Freien verbunden.
Im Innenraum verlieren die Klänge an Ferne und kommen dem Ohr sehr nah.
In Hier&Da wird der Unterschied zwischen nah und fern übersetzt in Geräusch und Ton.
Im HIER der Komposition ist perkussiv Geräuschhaftes zu hören – im DA erklingen musikalische Töne.
HIER (also in der Nähe) entfernt sich die Musik vom traditionellen Alphornklang – DA (also in der
Ferne) kommt sie dem näher und versucht, die in der Naturtonreihe als „verstimmt“ empfundenen
Töne zu etablieren.
In den fünf Formationen erzeugen die einzelnen Instrumente in ihren jeweiligen Partien entweder
nur HIER-Geräusche oder ausschließlich DA-Klänge.
Titel und Satzbezeichnungen sind wörtlich zu nehmen:
F#1 zwei Hier – zwei Da
F#2 einer Hier – drei Da
F#3 drei Hier – einer Da
F#4 keiner Hier
F#5 keiner Da
Gespielt werden vier gleiche Alphörner in Ges oder F.
Blueglass
für 7 Gläser & Flöte
2019
In Blueglass erklingen sieben Gläser in der Stimmung einer Blues-Skala. Sie werden bestrichen oder vorsichtig angeschlagen. Mit Fingern, Bleistiften und Frühstücksmessern entsteht ein Wechselspiel aus schwebenden, perkussiven und geräuschhaften Klängen. Hinzu kommt eine Flöte, die sich in den Ensemble-Klang mischt oder solistisch hervortritt. Das Ergebnis ist eine kontemplative Klangaktion, eine Art Blues-Meditation.
Unter professioneller Anleitung können die 7 Gläser von engagierten Leuten ohne jede musikalische Ausbildung bespielt werden.
Memories of Q’s
für Ukulele
2015
Noten und Tabulatur
Grundlage für Memories Of Q’s sind fünf Passagen aus dem Ensemble-Werk „Q’s – für 5 Ukulelen & Basskalimba“.
Der Titel „Q’s“ entspricht dem phonetischen Klang des englischen Wortes „cues“ und lässt sich mit „Einsätze“, „Stichwörter“ oder „Auslösereize“ übersetzen. Im Ensemble entsteht, ähnlich einer Theaterszene, ein einstudiertes Wechselspiel, in dem der eine auf die Stichwörter des anderen reagiert. Monologe stehen zwischen Gruppenkonversationen. Für die Memories wurden diese Monologe bearbeitet und zu einer Satzfolge zusammengefasst.
Die Stücke sind notiert in der verbreiteten Stimmung g‘ – c‘ – e‘ – a‘ aber mit der Tabulatur auch bestens spielbar in der älteren Version, in der sie ursprünglich komponiert wurden a‘ – d‘ – fis‘ – h.
Die Tabulatur, aus der sich die Fingersätze ergeben, sollte aus klanglichen Gründen möglichst konsequent befolgt werden.
Die Idee zu in die Traufe entstand durch den zufälligen Fund eines Musteraufsatzes „für den erfolgreichen Übertritt an das Gymnasium“ mit dem Titel: „Wie ich einmal von einem Gewitter überrascht wurde.“ Weitere Recherchen ergaben, dass nicht nur angehende Gymnasiasten sondern auch Luther, Goethe oder Paul Auster durch die Reflektion über plötzliche Wetterumschwünge einschneidende Veränderungen in ihrem Leben erfahren haben. Der Verlauf einer verregneten Wanderung und die damit verbundenen lautmalerischen Assoziationen waren die Inspirationsquelle für die Komposition.
Q’s
für 5 Ukulelen & Bass-Kalimba
2013
Der Titel Q’s entspricht dem phonetischen Klang des englischen Wortes „cues“, das sich mit Einsätze, Stichwörter, oder Auslösereize übersetzen lässt.
In diesem Stück von ca. 60 Minuten zeichnet der Komponist nach, wie er selbst die Ukulele kennen lernte und sich ihre Spielweise aneignete. Vom einfachen Begleitrhythmus bis zum verzwickten Solo fließen Skizzen der letzten Jahre als Auslöser für das Zusammenspiel und den gesamten dramaturgischen Verlauf mit ein. Fünf weit voneinander entfernt agierende Ukulelen senden „cues“ durch den Raum. Nach einem von Stop-Uhren gesteuerten Zeitablauf entsteht, ähnlich einer Theaterszene, ein einstudiertes Wechselspiel, in dem der Eine auf die Stichwörter des Anderen reagiert. Gruppenkonversationen, in denen auch mal Alle durcheinander reden, stehen Monologe gegenüber. Als prägnanter Impulsgeber fungiert eine Bass-Kalimba, die mit tiefen Metallzungenschlägen den Klang der gezupften Sopransaiten bereichert. Gegen Ende weht aus der Ferne eine Assoziation an das bekannteste Ukulelen-Klischee durch den Raum: die Unbeschwertheit Hawaiianischen Strandlebens. Zum Schluss führt ein Drei-Viertel-Takt die Musiker zusammen.
Darüber hinaus ist das Werk eine Raum-Komposition: die Musiker sind um das Publikum herum (zum Teil unsichtbar) verteilt und wechseln während der Aufführung ihre Spiel-Positionen. So entsteht ein akustisches Portrait des Raums, das man als eine Erweiterung des Portrait-Begriffs in der Kunst verstehen kann. Darum, und wegen der oft verschachtelten und weitläufigen Anordnung von Ausstellungsräumen sind Museen für dieses Stück ideal. Bei Aufführungen im Konzertsaal wird der übliche Raum durch die Einbeziehung von Notausgängen, Treppenhäusern oder Kellerräumen erweitert. Der Raum soll zum siebten Instrument des sechsköpfigen Ensembles werden.
über die Wupper
Ein Klangbild am rauschenden Bach
für Saxophone, große Trommeln & Geländeperkussion
2013
über die Wupper spielt an einem rauschenden Fluss. Die Musiker sind an den Ufern verteilt. Der Fluss zeigt sich als markanter Solist und zuverlässiger Begleiter.
Umrahmt von den Aktionen des Ensembles sind die Zuhörenden aufgefordert, wie in einem akustischen Bild die aufkommenden Klänge zu betrachten. Dabei ist ihnen zu wünschen, dass sie im Wechselspiel zwischen Instrumenten und Wasser das Rauschen des Flusses als Musik wahrnehmen, als den Gesang der Wupper.
Ursprünglich für den Hausmannplatz und das Turbinenhaus in Wipperfürth konzipiert lässt sich das Stück bei ähnlichen lokalen Verhältnissen auch anderswo aufführen. Die Perkussionisten können im jeweiligen Gelände einen zu ihrer Stimme passenden Klangkörper wählen.
Auch eine Aufführung in Kirchen, Fabrikhallen oder größeren Gebäuden mit Treppenhaus und Fluren ist denkbar. Geländer, Säulen, Türrahmen, Fenstergriffe, Heizkörper o. Ä. können als Perkussionsobjekte dienen. Geeignet ist Alles, was klingt. Hierzu sollte das Flussrauschen über Lautsprecher zugespielt werden.
KLANGMAUER
Musik in der Landschaft
für Bläser & Klangakteure
2009
Das Stück KLANGMAUER spielt mit der zeitlichen Veränderung, die ein Klang erfährt, wenn er weite Strecken im Freien zurücklegt. Setzen z.B. alle Instrumente gleichzeitig ein, erreichen die einzelnen Töne durch die weiten Abstände zwischen den Musikern und zum Publikum die Ohren der Zuhörer früher oder später. Diese Zeit-Versetzungs-Effekte sind für die Partitur charakteristisch. Die Strukturen der einzelnen Abschnitte sind einfach gehalten und beruhen zum Teil auf Improvisationsmodellen. Damit sind die erwünschten zeitlichen Zufälligkeiten musikalisch möglich. Genauigkeit im Zusammenspiel kann also nicht erreicht werden. Der zeitliche Rahmen ist dagegen exakt vorgegeben: alle Einsätze und Abläufe werden durch synchron geschaltete Stop-Uhren geregelt.
Zentrum der Aufführung ist eine riesige Mauer als klingende Projektionsfläche, um die herum die Musiker in die Landschaft gestellt werden. 9 Instrumentengruppen agieren neben-, mit-, über- und untereinander. Besondere dramaturgische Bedeutung kommt dem Einsatz von Klangschnuppen zu: an drei meterlangen Saiten sausen beleuchtete, von Klangmechanikern ausgetüftelte Objekte ins Tal, die auf ihrem Weg kontinuierlich Klänge erzeugen: Flatterbänder, Klangstäbe, Flugrasseln, Schwirrhölzer, Segelpfeifen, Tonsteine, Jaulscherben, Klirrklammern, Krachgondeln, Heulhaken, Brüllpropeller, Brummschlaufen, Schreischleudern, Windschellen, Luftklingeln, Knarrteufel, Klopfklappen, Gleitharfen, Wimmerbüchsen, Summschleifen, Rauschröhren, Rutschglocken.
Hier ist die Kreativität der Klangmechaniker gefragt! Sie müssen mit ihren Helfern die Objekte erfinden, konstruieren, bauen und während der der Aufführung in Bewegung setzen.
Wünschenswert ist eine Aufführung in abendlicher Dunkelheit, durch dramaturgische Lichtgestaltung in Szene gesetzt.
Einfache musikalische Aktionen kreisen um die Mauer, prallen auf, springen darüber hinweg oder schleichen sich heran. Es entsteht eine Kombination von Klang und Licht, in der die Besucher die bekannte Umgebung auf ungewohnte Weise wahrnehmen und akustisch erleben können.
Das ausführende Ensemble sollte aus Profi- und Laienmusikern bestehen. Die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Musikschulen und –verbänden bietet sich an. Bei ausreichender Vorbereitungszeit können die Klangobjekte im Rahmen eines Workshops entworfen und gebaut werden.
Die Uraufführung wurde konzipiert für die Staumauer der Neye-Talsperre in Wipperfürth.
Der Aufstellungsplan lässt sich für jede andere große begehbare Mauer entsprechend ändern.
Besetzung:
2 Klangmechaniker (Klangschnuppen)
2 Schlagzeuger (Geländer-Perkussion)
3 Piccolo-Flöten (Links, Mitte, Rechts)
3 Tuben
4 Hörner in F (Vorne Links, Vorne Rechts, Hinten Links, Hinten Rechts)
5 Klarinetten in B
5 Alt-Saxophone in Es
5 Trompeten in B
5 Posaunen
10 oder mehr Knacksirenen (Kinderchor oder sonstige Truppe)
6 Zeitmesser/Einsatzgeber
Piccolo 2 spielt auch Claves
ALLE spielen 2 Knackfrösche und 1 Sirenenpfeife
Saxophone und Posaunen müssen im Gehen spielen können
Schlagzeuger bewegen sich am Geländer
Fritz – die phantastischen Abenteuer des Robert Kramp
(Für alle Fälle Fritz)
15 Songs für eine Revue
mit Gesang, zwei Ukulelen & Klavier
2008
Texte: Joe Knipp
Das Leben ragt wie feuchter Dreck
Und Gott wischt nass darüber weg.
Wischwasch, wasch – wisch.
Das träum ich wieder Nacht für Nacht
Und wache auf ganz aufgebracht.
Nachtwach, macht Krach.
Ich zeichne dann aus Tintenschaum
Das Schwarz auf Weiß aus diesem Traum.
Kritzkratz, kratz – kritz,
Alte Rechnungen
für Horn, Geige & Klavier
2007
Nach „Alte Welt“, der Vertonung einer Moritat über den Zustand des Planeten, und „Alte Lieder“, einem Reigen durch exemplarische Lebenslagen des Menschen, bearbeitet Albrecht Zummach in Alte Rechnungen Erinnerungen an seine Kindheit. Damit wird ein Bogen geschlagen vom Makro- zum Mikrokosmos, vom Universalen zum Privaten, vom Weltall zum Reihenhaus. Der Titel bezieht sich auf alte Rechnungen, die der Komponist im Nachlass seiner Eltern über den Kauf diverser Einrichtungsgegenstände für das 1964 in Neuwied erworbene Reihenhaus fand. Dabei stellte sich heraus, dass für einen Teppich, ein Bild und einen Schrank mehr als das Doppelte ausgegeben wurde, als vorher auf einer handschriftlichen Kalkulationsliste geplant war. Nach langen Jahren des Sparens und großer Geldknappheit müssen diese Anschaffungen also einen besonderen ideellen Wert für Zummachs Eltern dargestellt haben. Er selbst verbrachte seine Kindheit gewissermaßen ahnungslos in dieser Wohnzimmereinrichtung und hatte sie nie für etwas Besonderes gehalten. Diese Diskrepanz offenbarte sich erst Jahrzehnte später und animierte ihn zur Komposition dieses Trios, in dem Trotz und Nostalgie, Sehnsucht und Spiel aus der Erinnerung gespiegelt werden.
Keine Küsse
für Geige, Cello & Klavier
1992/2007
In Keine Küsse wird ein Song der Gruppe „Zinnober“ mit der klassischen Klaviertrio-Besetzung Geige-Cello-Klavier verarbeitet. Es geht um den Prozess von Erinnern und Vergessen.
Der Titel schlägt sich in kargen Harmonien und langen Pausen nieder, die beim ersten Hören willkürlich erscheinen, aber periodisch angelegt sind. Sie werden mit der Zeit kürzer, erhalten so aus der Erinnerung an den Beginn ihren Zusammenhang und wecken Erwartungen, die nicht oder nur auf Umwegen erfüllt werden: quasi keine Küsse auf die Ohren.
Alte Lieder
Ein Reigen
für 2 Frauenstimmen & Ensemble
Sopran, Alt, Englischhorn, Bass-Klarinette, Horn, Posaune, Gr. Trommel, Bratsche, Cello, Klavier
2005
In Alte Lieder verarbeitet Albrecht Zummach alte Lieder aus mehreren Volksliedsammlungen. Die Auswahl wurde in erster Linie durch die Texte bestimmt, die in ihrer Haltung, Poesie und Aussage die Realität mitten ins Herz treffen.
Während die Gesangsstimmen textverständlich gehalten sind werden die ursprünglichen Liedmelodien von den Instrumenten begleitet, kommentiert, durchkreuzt, gestört, verfremdet unterbrochen und parodiert. So stoßen einfache Wahrheiten auf komplexe Musik. Jedes Lied verwandelt sich in ein Kurzdrama und der ganze Zyklus zu einem hintersinnigen Reigen durch unterschiedliche Lebenslagen mit Wolke, Liebe, Tod und Gans.
Alte Welt
für 3 Frauenstimmen & Ensemble
Sopran, Mezzo, Alt, 3 Flöten, Tuba, Klanghölzer, Harfe
2001
Der Text zu Alte Welt stammt von einem Kalenderblatt, in dem der anonyme Autor die „arme, alte Welt“ bedauert, auf der sich der Mensch seit Generationen austobt. Die Welt wird wie eine Person angesprochen, aus deren Sicht das Verhalten des Menschen kommentiert wird. Trotz aller Anklage lassen einzelne Verse eine gewisse mitfühlende Ironie durchscheinen.
Ach Welt, wie bist Du voller Harm,
arme, alte Welt!
Kein’ Hoffnung, daß sich Gott erbarm,
es naht zu Hilf’ kein Held.
Du läufst im weiten All ohn’ Klag’,
trägst wacker Deine Last
Jahr für Jahr und Tag um Tag.
Wann wird Dir endlich Rast?
Der Mensch in seines Lebens Lauf
will Herr sein und Dich knechten,
häuft seiner Arbeit Früchte auf,
die guten wie die schlechten.
Ohn’ Sorg’ fügt er Dir große Pein,
um sein Geschäft zu treiben;
dann zieht er in den Himmel ein.
Er geht, und Du mußt bleiben.
So ist schon lang’ der Dinge Lauf:
Nur Jagd nach Gut und Geld.
Das ist Dein Joch. Wann gibst Du auf?
Arme, alte Welt!
Die Musik behandelt die fünf Strophen wie eine großangelegte, verfremdete Moritat und erinnert manchmal an einen kaputten Leierkasten. Die Funktion der Bildtafeln, die ein Moritaten-Sänger während seines Vortrags zeigt, übernimmt in „Alte Welt“ die Musik selbst, sei es durch kommentierende Vor- und Zwischenspiele oder durch Besonderheiten im Gesangs-Duktus.
Darüber hinaus spielen die architektonischen, räumlichen und akustischen Gegebenheiten des Aufführungsortes eine Rolle, die bei jedem Konzert berücksichtigt werden. Die Uraufführung fand im historischen Treppenhaus des Kölner Oberlandesgerichts statt, das mit seinen Galerien, Balkonen und Gängen sowie einem Nachhall von ca. 10 Sekunden eindrucksvolle Möglichkeiten bietet. Stimmen und Instrumente sind im Raum verteilt.
Durch die weiten Abstände der Musikerpositionen entstehen abwechslungsreiche Varianten in der Wahrnehmung der
Raumakustik.
auf der Stelle
7 Bagatellen für Gitarre
2000
Gnifna se ow tedne sellA
Ich Und Du
für 6 Frauenstimmen
1999
i
h i
h i c h
u n
n a
u n d
d u
d u b
d u d u b
Fünf Lieder für ZINNOBER
für Gesang, Gitarre & Vibraphon
1999
Texte: Joe Knipp
Drunter und Drüber
Keine Küsse
Vorbei
Null Uhr Zehn
Anders
Seit 1972 arbeiten Joe Knipp und Albrecht Zummach als Sänger und Gitarrist, Texter und Komponist zusammen.
Nach diversen Probephasen mit anderen Musikern erweiterte 1984 Clemens Dreyer mit seinem Vibraphon das Duo zur bestehenden Formation.
Unter dem Namen ZINNOBER tourte das Trio vor allem in den 80er Jahren durch die Bundesrepublik. Nach einer 12-jährigen Pause fanden die drei wieder zusammen und begannen ihr Comeback mit der CD-Produktion „Schnee von Gestern“, für die sie 1999 den Preis der deutschen Schallplattenkritik in der Sparte Chanson erhielten.
Der Titel trägt nicht nur der Tatsache Rechnung, dass sie in ihren Konzerten viele alte Lieder spielen, sondern verweist auch auf den konsequenten Einsatz reduzierter Mittel, die in ihrer kammermusikalischen Anwendung der hochgepushten Unterhaltungsindustrie gegenüberstehen.
Die ausgewählten Stücke stammen aus dieser Zeit: melancholische Strophenlieder, parodistische Zwischentöne und etwas Alltags-Dada.
ewig währt am längsten
für 6 Frauenstimmen & Gitarre
1998/2000
O Ewigkeit, o Ewigkeit!
Wie lang bist Du, o Ewigkeit!
Gleichwie an einer Kugel Rund
Kein Anfang und kein End ist kund,
Also, o Ewigkeit an dir
Noch Ein- noch Ausgang finden wir.
O Ewigkeit, o Ewigkeit!
Wie lang bist Du, o Ewigkeit
Denn Sand im Meer und Tropfen all
Sind nur ein Bruch der einen Zahl;
Allein schwitzt über dir umsonst
Die tiefste Meß- und Rechenkunst.
O Ewigkeit, o Ewigkeit!
Wie lang bist Du, o Ewigkeit.
Hör’, Mensch: so lange Gott wird sein,
So lang wird sein der Höllen Pein,
So lang wird sein des Himmels Freud,
O lange Freud, o langes Leid!
katholische Kirchengesänge, Köln 1625
Quelle: von Arnim / Brentano „Des Knaben Wunderhorn“
O No John!
für Klavier
O No John! gehört mit „Zwei Königskinder“ und „I’Homme Armé“ zu einer Trilogie über europäische Volkslieder für Geige und Klavier.
Die drei Stücke können einzeln, kombiniert oder als abendfüllendes Konzert aufgeführt werden.
Als Grundlage für die Komposition dienen die Töne der jeweiligen Melodie. Der dramaturgische Verlauf wurde aus dem Liedtext assoziiert. Im Fall des Sommerset Folksongs „O No John“ verblüfft das auf Umwegen erfolgreiche Liebeswerben: aus einem „Nein“ wird ein „Ja“, man muss nur die richtigen Fragen stellen.
Die 5 Sätze beziehen sich auf die 5 Strophen des Liedes.
Die Herausforderung war, auf der Grundlage gängiger Melodien verschiedene musikalische Charaktere zu komponieren. Der einfache Gestus der Ursprungsmelodien wird oft beibehalten, die Töne werden aber auf vielfache Weise zitiert, vertauscht, gespiegelt, verdoppelt oder auch weggelassen, wodurch der volksliedtypische Aspekt des Mitsingens entfällt.
Zwei Königskinder
für Geige
Zwei Königskinder gehört mit „O No John“ und „I’Homme Armé“ zu einer Trilogie über europäische Volkslieder für Geige und Klavier.
Die drei Stücke können einzeln, kombiniert oder als abendfüllendes Konzert aufgeführt werden.
Als Grundlage für die Komposition dienen die Töne der jeweiligen Melodie. Der dramaturgische Verlauf wurde aus dem Liedtext assoziiert. Im Fall der allseits bekannten „Schwimmerballade“ von den zwei Königskindern beeindruckt die schlichte Konsequenz der Prinzessin und die Rolle des Klerus, vertreten durch eine „falsche Nonne“.
Die 12 Liedstrophen markieren die einzelnen Abschnitte der Komposition.
Die Herausforderung war, auf der Grundlage gängiger Melodien verschiedene musikalische Charaktere zu komponieren. Der einfache Gestus der Ursprungsmelodien wird oft beibehalten, die Töne werden aber auf vielfache Weise zitiert, vertauscht, gespiegelt, verdoppelt oder auch weggelassen, wodurch der volksliedtypische Aspekt des Mitsingens entfällt.
l’Homme Armé
für Geige & Klavier
1996/1997
l’Homme Armé gehört mit „O No John“ und „Zwei Königskinder“ zu einer Trilogie über europäische Volkslieder für Geige und Klavier.
Die drei Stücke können einzeln, kombiniert oder als abendfüllendes Konzert aufgeführt werden.
Als Grundlage für die Komposition dienen die Töne der jeweiligen Melodie. Der dramaturgische Verlauf wurde aus dem Liedtext assoziiert. Bei „l’Homme Armé“ handelt es sich um eine Art Kriegslied. Mit einer treibend-anfeuernden Melodie wird einerseits vor dem „Mann in Waffen“ gewarnt und andererseits zur allgemeinen Bewaffnung aufgerufen.
Die sehr populäre französische Chanson aus dem späten 14. Jahrhundert wurde in der Renaissance von über 30 Komponisten in Messen verarbeitet.
Die Herausforderung war, auf der Grundlage einfacher, gängiger Melodien verschiedene musikalische Charaktere zu komponieren. Das Werk ist auch eine Hommage an Guilleaume Dufay, einer jener Renaissance-Komponisten, aus dessen „Missa L’homme armé“ bestimmte Verfahrenstechniken umgesetzt wurden.
Der einfache Gestus der Ursprungsmelodien wird oft beibehalten, die Töne werden aber auf vielfache Weise zitiert, vertauscht, gespiegelt, verdoppelt oder auch weggelassen, wodurch der volksliedtypische Aspekt des Mitsingens entfällt.
Tape-Dances
für Kassettenrekorder und einen Ausführenden
1995
Die Tape-Dances für Kassettenrekorder und einen Ausführenden sind 6 Duette für einen Menschen und eine Maschine.
Der Mensch agiert mit Stimme und diversen Instrumenten. Die Maschine (einfach, tragbar, batteriebetrieben) soll neben ihm als gleichwertiger Quasi-Musiker aufgestellt sein.
Die menschlichen Einsätze sind sparsam, aber gezielt, und dürfen ab und zu gewissen Schwankungen unterliegen. Die Maschine kann und soll nicht schwanken (auch nicht durch schwache Batterien), erhält dafür aber häufiger die Rolle des Solisten, was durch den untätig daneben stehenden Menschen besonders deutlich wird.
Auch wenn sich die beiden Klangquellen bisweilen mischen, so ist doch immer gut zu unterscheiden, wer gerade welche Töne produziert. Deswegen ist ein HiFi-Stereo-Raumklang ungeeignet. Betriebsgeräusche müssen nicht vermieden werden.
Die Stücke wurden zwar für professionelle Musiker geschrieben, zur Ausführung bedarf es aber lediglich einer gewissen Musikalität und keiner besonderen Begabung für Stimme oder Instrumente. Da zu ihrer Entstehungszeit in fast jedem Haushalt ein Kassettenrekorder zu finden war, dürften die „Tape-Dances“ einer der ersten Beiträge zur life-elektronischen Hausmusik sein.
Es ist schon viel Wasser
für Geige & Cello
1994
In Es ist schon viel Wasser geht es um die Wahrnehmung über und unter Wasser.
An einem Nachmittag in der Badewanne, im Wechsel zwischen Auf- und Abtauchen, wandern die Ohren von Außen nach Innen und es findet sich ein Meer von Assoziationen:
Vom Ufer gefallen, lässt man Einiges hinter sich, das auch den Bach runtergeht.
Der Blick ins Aquarium reizt zu der Vorstellung, von dort herauszuschauen: Kann ein Fisch die Zeit vergessen?
Es ist schon viel Wasser.
sssssss
für Geige, Cello, Klavier & 4 Altblockflöten
1993
sssssss ist ein Spiel mit vertauschten Rollen:
Die mit barockem Wohlklang assoziierten Bockflöten spielen fast ausschließlich Dissonanzen, die die Ohren schwirren lassen. Geige, Cello und Klavier bewegen sich dagegen über weite Strecken in traditioneller Dreiklangsharmonik.
Das Stück orientiert sich an dem Ablauf einer mit permanenten Störungen durchsetzten Konversation. Die wesentlichen Abweichungen werden dabei nicht durch Dissonanzen erreicht. Die massivsten Störungen erfolgen durch brutale Harmonie.
Tribute to Samuel Morse
für 4 Blockflöten
1993
Tribute to Samuel Morse entstand aus der Überlegung, dass das menschliche Ohr alle akustische Ereignisse miteinander vergleicht und in „kürzer“ oder „länger“, „kurz“ oder „lang“ einteilt.
Eine der komprimiertesten Formen von Kurz-Lang-Einteilung ist das nach dem amerikanischen Erfinder Samuel Morse benannte „Morse-Alphabet“, mit dem in nur zwei rhythmischen Werten (kurz/lang bzw. Punkt/Strich) alle Buchstaben, Satzzeichen und Ziffern sowie zusätzliche Signale vermittelt werden können.
Der Kinderreim
Punkt, Punkt, Komma, Strich
fertig ist das Mondgesicht
bietet die Grundlage für die beiden Ecksätze.
Das Goethe-Zitat
Die Zeit ist kurz,
die Kunst ist lang
erwies sich als assoziationsreiche Keimzelle für die Mittelsätze.
Jeder Satz des Stückes ist also eine Umsetzung seines Titels in Morse-Zeichen, die im Zusammenspiel in Morseverhältnissen musikalisiert werden.
Der Blockflötenklang befindet sich in gewisser Nähe zu dem von Funksignalen. Die Musiker spielen auf jeweils vier gleichen Instrumenten, die für jeden Satz gewechselt werden: 4 Alt, 4 Sopran, 4 Bass, 4 Sopranino.
Hobo Signs
für Klavier
1991
Der Klavierzyklus Hobo Signs bezieht sich auf die Verständigungszeichen der amerikanischen Eisenbahntramper.
Eine treffende Übersetzung des Wortes „Hobo“ gibt es nicht. Der Begriff ist durch die Romane Jack London’s bekannt geworden mit ihren Beschreibungen von waghalsigen Sprüngen auf fahrende Züge und brutalen Schikanen der Eisenbahngesellschaften.
Zur Verständigung untereinander haben die Hobos bestimmte Zeichen erfunden, vergleichbar mit den Gaunerzinken im deutschsprachigen Raum, die sie für Nachfolgende hinterlassen: Ortsbeschreibungen, Verhaltensempfehlungen, Warnungen …, eine Geheimsprache, bei der für die Komposition besonders anregend war, was die Zeichen einerseits darstellen und andererseits bedeuten. So entstand ein Zyklus von 20 prägnanten Miniaturen.